Konzertsaal

Dank seiner herausragenden Akustik gilt der Saal des Reitstadels in Neumarkt in der Oberpfalz als einer der zehn besten Kammermusiksäle weltweit – eine »Konzertsaal-Stradivari« in Worten des Donaukuriers. Somit dient der Reitstadel nicht nur als Veranstaltungsort für Konzerte, Ausstellungen und kulturelle Events, sondern wird auch gern als Tonstudio genutzt. Hochkarätige Künstler sind regelmäßig zu Gast in dem Gebäude, das sich vom ehemaligen Getreidelager zum heute bekannten Kulturzentrum entwickelt hat.
HISTORISCHER REITSTADEL

Der »Historische Reitstadel« wurde Ende des 15. Jahrhunderts unter Pfalzgraf Otto II. als Getreide- und Waffenlager errichtet und brannte bereits 1520 komplett ab. Damals hatte Pfalzgraf Friedrich II. seinen Amtssitz in Neumarkt und ließ das Gebäude zwischen 1531 und 1539 wiederaufbauen. Jahrhundertelang als Zeughaus genutzt, diente das Haus im 19. Jahrhundert für die in Neumarkt stationierten Chevaulegers als Reithalle, daher auch der Name »Reitstadel«.
Nach den Verwüstungen des Zweiten Weltkriegs standen nur noch die Außenmauern. Deren Abriss wurde 1961 vom Stadtrat bereits beschlossen, als sich Oberbürgermeister Theo Betz plötzlich umentschied. Er fuhr nach Regensburg und ließ mit Hilfe des dortigen Denkmalamts die Reste des Reitstadels unter Denkmalschutz stellen.
Die verwahrloste Ruine des Reitstadels galt jahrelang als »Schandfleck« der Stadt. Ursprünglich lautete die Entscheidung des Stadtrats: Mauerreste abreißen und stattdessen Parkplätze errichten. Die Kalksteinwappentafel, die heute den Publikumseingang ziert, diente während der Diskussion um Abriss oder Wiederaufbau dazu, die historische Bedeutung des Gebäudes zu unterstreichen. Nachdem 1976 der Wiederaufbau endgültig beschlossen wurde, begannen 1978 die Bauarbeiten am Reitstadel.
In den 70er-Jahren beschloss die Stadt, den Reitstadel als einen Mehrzwecksaal aufzubauen. Zu dieser Zeit begann sich auch Ernst-Herbert Pfleiderer, der spätere Vereinsvorsitzende der Neumarkter Konzertfreunde, für das Gebäude zu engagieren. Zusammen mit einer meinungsstarken Minderheit überzeugte Pfleiderer Oberbürgermeister Kurt Romstöck, Betzʼ Nachfolger, den Reitstadel als einen Kammermusiksaal aufzubauen.
Wiederaufbau von 1978 bis 1981: Nach den Plänen des Architekten Prof. Dipl. Ing. Karl Habermann entstand im EG das Foyer mit Ausstellungsraum, im OG der Konzertsaal. Die Konstruktion unter der geschwungenen Decke des Konzertsaals trägt zur außergewöhnlichen Akustik des Raumes bei und lässt ihn größer erscheinen. 2001 wurde der Reitstadel um einen modernen Glasanbau erweitert, der vier komfortable Künstlergarderoben beherbergt. Erst gab es heftigen Widerstand gegen den Entwurf von Architekt Johannes Berschneider – inzwischen gilt der Anbau als mutiges und wegweisendes Projekt.
Der Saal wurde am 21. März 1981 mit einem Konzert eröffnet. Allen Anwesenden war sofort klar: Dieser Raum verfügt über eine Weltklasseakustik. Selbst in Zeiten fortschrittlichster Ingenieurskunst ist die Akustik eines Konzertsaals nie bis ins Einzelne planbar, sondern stets auch Glückssache oder, wie es bald in Bezug auf den Reitstadel hieß, ein »Geschenk des Himmels«. Diesem Geschenk fühlen sich die Neumarkter Konzertfreunde seither verpflichtet.
Jeder will in Neumarkt auftreten – denkt man gar nicht, weil es so in der Provinz liegt.