Melodie des Monats

DEZEMBER 2025 | Im Wettbewerb

In Bachs Weihnachtsoratorium erklingt auch diese Melodie. Wir wünschen viel Vergnügen!

Im Wettbewerb

Bachs Weihnachtsoratorium

Was ist eine Arie?  Im Barock weit mehr als bloß Gesang mit Begleitung. In »Großer Herr, o starker König« aus J. S. Bachs Weihnachtsoratorium liefern sich Sänger, Trompete und die um eine Traversflöte erweiterten Streicher einen Wettstreit. Alle drei drängen gleichzeitig ins Ohr des Hörers. Wer einwendet, man müsse sich auf den Sänger und dessen Text konzentrieren, verkennt, dass es hier nicht um Fokussierung geht, sondern um ihr Gegenteil: um Überfülle und den damit verbundenen Kontrollverlust.

Der Text wird in Arien so oft wiederholt, dass sein Gehalt sich dem Hörer unausweichlich einprägt. Mehr noch: Durch die ständige Wiederholung einzelner Satzteile und Wörter lösen sich diese aus ihrem ursprünglichen Bedeutungszusammenhang. Das Unterbewusstsein bedrängen bildgewaltige Worte – in dieser Arie etwa »großer Herr«, »starker König«, »Erdenpracht«.  


 

Unser Verhältnis zum Kontrollverlust ist zwiespältig: Was wir im Alltag fürchten, suchen wir in rauschenden Festen und in der Kunst. Gerade im Barock, dem jeder Minimalismus fremd ist, wird diese Lust an der Überfülle kultiviert.  

 

Solche Klangpracht lässt sich übrigens nur eingeschränkt auf Tonträger bannen. Trompete, Sänger und Streicher entfalten ihre Wirkung im Raum – »plattgedrückt« auf einer CD-Aufnahme bleibt davon nur ein reduzierter Eindruck, weit entfernt von dem, was der Komponist intendierte.