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ERZHERZOGTRIO | REZENSION II

Das Trio Gaon im Reitstadel Neumarkt

ERZHERZOGTRIO

Konzertkritik von Uwe Mitsching zum Konzert vom 27. Juni 2025

Wie sich die Jahre gleichen: in ziemlich genau zwölf Monaten wird es das Schlusskonzert der »Neumarkter Konzertfreunde«-Saison 25/26 im Reitstadel geben, mit dem Debüt des französischen Klaviertrios Moreau. Jetzt, Ende Juni 2025, setzte das deutsch-koreanische Klaviertrio Gaon den Schlusspunkt: mit Beethoven und Dvorak. Beide Trios spielten je eine Dreiviertelstunde lang Hauptwerke der Klaviertrio-Literatur.

Als der Reitstadel vor vierzig Jahren noch ziemlich neu war, stellte man schnell fest, dass sich die Gattung »Klaviertrio« dort am besten anhört. Man holte nach dem Trio Yuval das berühmte Beaux-Arts-Trio oder das Trio Fontenay, deren Aufnahmen bis heute Maßstäbe setzen. Im ausverkauften Reitstadel freute man sich also auf viele Minuten Klassik und Romantik.

Leider nicht lang, denn der Anfang des »Erzherzog-Trios« op. 97 von Ludwig van Beethoven verlief denn doch allzu korrekt und steif: ein wenig bewegender Beginn, ein Pianist mit steifem Rücken und knallig zugreifenden Fingern (Tae-Hyung Kim). Seine Erfolge in Korea sind höchstens ein Beweis für den dortigen Musikgeschmack und den Emotionsunterschied zwischen zwei Kontinenten und Ethnien. Auch die beiden Streicher Jehyce Lee und Samuel Lutzker, sonst im Symphonieorchester des BR tätig, stimmten in diesem Herzstück der klassischen Kammermusik mit entsprechend harschem Ton ein. Man hörte dankbar ihre notengetreue Akkuratesse als Orchestermusiker, denkt aber auch an das Motto der Kronberg-Akademie, das man kurz vor dem Konzert gelesen hatte: »We should all be chamber musicians«.

Trio Gaon bei ihrem Debüt im Historischen Reitstadel.
Trio Gaon bei ihrem Debüt im Historischen Reitstadel.

Trotz hoher Außentemperaturen blieb indoor die wunderbare Welt von Beethovens Emotionen in kristallin-kühler Lautstärke. Immerhin: zum Beispiel im Scherzo ließ sich beim Trio Gaon einiges von diesem Klangbild abhandeln. Zusätzlich wäre intensivere Kommunikation nötig gewesen, eine Verwirklichung von Beethovens hinreißender Genialität. Auch wenn sich die drei Musiker ein gutes Stück weit um einen Vorausblick auf die Romantik bemühten. Den fasste der Pianist aber oft als Aufforderung für ein schmetterndes Martellato auf, das Finale klang nach bewegtem Frohsinn in geplanter Effekthascherei.

Wenn man weiß, dass die Elemente des böhmischen Volkstanzes »Furiant« im Finale von Anton Dvořáks Trio op. 65 bestimmend sind, hofft man, dass die furiosen Elemente des böhmisch-mährischen Stils nicht allzu präsent sein werden. Und tatsächlich: das Trio Gaon stellte sich sehr passend auf die furiosen Elemente ein, wagte auch subtilen Feinsinn und erreichte ein Amalgam von forschem Zugriff, spätromantischen Gefühlen und auch den Versuch symphonischer Fülle in der spätromantischen Kammermusik. Da fügte sich auch der Pianist mit seinem sehr persönlich geprägten Geschmack und Anschlagsstil in die Harmonie eines Gesamtkonzepts ein, spielte Jehye Lee eine schöne Verbindung zwischen spätromantischen Entwicklungen und ihrer persönlichen Emotionalität. Mit einer beginnenden Entwicklung hin zu Dvořáks »Neuer Welt«, zu einer ausgeprägteren Differenzierung der Klangfarben - bis hin zu einem wirklich überzeugenden Grazioso.

Schließlich war es das kunstvoll gestufte und aufgebaute Finale, das von den Fähigkeiten des Trio Gaon überzeugte. Und so fand der Abend dann beim Publikum doch, mit seiner sauberen, technisch perfekten Seite, der Steigerung bei Dvořáks Klaviertrio und trotz der oft unnötigen Lautstärke die Bereitschaft zu einigen nachdrücklichen Bravi. Im Ranking einer insgesamt erfolgreichen Saison blieb er freilich im Bereich der Fußnote.

Der Konzertbericht »Kräftiger Anschlag zum Saisonschluss« erschien am 29.6.2025 in den Nürnberger Nachrichten.