Johannes Brahms: Lieder
Der Konzertmitschnitt von Christian Gerhaher und Gerold Huber vom 8. Oktober 2024 wurde von Sony auf CD veröffentlicht.
Brahms Lieder
Gerold Huber und Christian Gerhaher
Ernst blickt er vom Cover herab. Hier geht es ums Liedleben, es werden keine Kompromisse gemacht. Alltag ist außen vor, das Lied gerät zum Kosmos. In dessen kristalliner Sphäre sich Töne und Bedeutung immer neu und intensiv spiegeln, brechen, kaleidoskopartig verändern und neu beleuchten lassen.
[...] So singt – es ist eine Live-Aufnahme – der reife Christian Gerhaher den reifen Brahms – und auch wenn der jung ist, klingt er reif. Wie etwa in dem Klassiker »Von ewiger Liebe«. Die komponiert ein 27-Jähriger, Gerhaher singt sie bedächtig, ruhig, mit höchstens halbvoller Stimme. Und so legt sich schnell ein etwas gleichförmiger, dabei reizvoller herbstlicher Reif über dieses trotzdem im Abendlicht strahlende Album.
Brahms’ Suche nach einer neuen Kunst möglichst ein breites Publikum ansprechender »Volksliedhaftigkeit« bricht einer gewissen Schmucklosigkeit Bahn, die geradlinig dahinfließt. Hier reagiert das Wort, kontemplativ, gebrochen, vieldeutig. Und so spröde sich Christian Gerhaher auch gibt, sein Timbre, inzwischen dunkelbraun altem Cognac mit einigen Bitternoten ähnlich, es fesselt dann in diesen 29, einen stets beim Hören dranbleiben lassenden Liedern eben doch wieder – gepaart mit seinem heiligen Ernst.
Auszug aus der CD-Rezension von Manuel Brug, erschienen im Rondo-Magazin
Großes Ohrenkino!

[...] Es folgen die »Neun Lieder und Gesänge«, op 32, die Brahms 1864 in Baden-Baden vollendete – und in unmittelbarer Nähe zu Clara Schumann. Sie sind, nach Gedichten von Platen und Daumer, harmonisch eine Spur komplexer, anspruchsvoller. Doch die Zwischenform findet sich auch hier, zwischen Liebesleben und Gesellschaftsleben. Zwischen Privatheit und Politik, wo die Liebe zwischen Clara Schumann und Brahms ebenso stecken blieb, wie die gesellschaftlichen Umwälzungen des Vormärz im Biedermeier.
Christian Gerhaher und Gerold Huber sind heute die idealen Interpreten dafür. Denn es ist nicht nur das Austarieren zwischen Text und Musik, zwischen Melodik und Begleitung, zwischen Inhalt und Form, das ihnen auch in dieser Aufnahme wieder wie selbstverständlich in die Musik fließt. Es hat auch mit Intellekt und Reflektion zu tun. Gerhaher kippt nicht in die Strudel, die Brahms da komponiert hat. Er kennt das Leiden, er spürt dem nach, aber er zelebriert es im Moment der Aufführung nicht. Es ist wie ein feines Wissen darum, jedoch ohne sich vollends darin zu produzieren oder zu verlieren.
Auszug aus dem Radiobeitrag »Album der Woche« von BR-Klassik

Album der Woche
Das live im Historischen Reitstadel aufgenommenen Album »Brahms: Lieder« wurde von BR-Klassik und NDR Kultur vorgestellt.
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